80 Jahre – Machen Sie die Tür auf, es kommt etwas Neues!

Gutes Leben im Alter kann gelingen.

In den Medien wird ein gebrechliches und pflegebedürftiges Bild der Menschen im hohen Alter vermittelt. Sehr oft sehen wir auf Bildern Menschen allein auf einer Parkbank sitzen oder sich gebeugt auf einem Stock vorwärtsbewegen. Wenn auch diese Darstellungen nicht vollkommen falsch sind, gilt es darüber hinaus auch die Vitalität und Lebensfreude in dieser Lebensphase aufzuzeigen. Wie zeigt sich Vitalität und Neugier im hohen Alter in Niederösterreich? Das Projekt „Aktiv ins hohe Alter“ der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften zeigt im Auftrag des Landes Niederösterreichs den hohen Aktivitätswillen von Menschen in der achten und neunten Lebensdekade. Damit können Hinweise gegeben werden, wie ein gutes Leben im hohen Alter gelingt. 

Während im Jahr 2021 in Niederösterreich 106.666 Personen ab 80 Jahren leben, werden dies im Jahr 2035 rund 141.000 sein. Vor diesem Hintergrund einer Gesellschaft der Langlebigkeit und dem daraus resultierenden Anstieg der hochaltrigen Bevölkerung stellt sich die Frage nach dem „guten Leben“ im Alter. Ein gutes Leben bedeutet dabei für viele Menschen, eigenen Interessen, Zielen und Aktivitäten nachzugehen, sodass das Wohlbefinden und eine hohe Lebensqualität unterstützt werden können. Zu diesen Aktivitäten zählen geistige und kulturelle Betätigung ebenso wie das Eingebundensein in ein soziales Netzwerk. 

Großer Stellenwert - die Selbstsorge

Einen großen Stellenwert hat im fortgeschrittenen Alter die Selbstsorge. Denn die selbstbestimmte Gestaltung des Alltagslebens, die Bewahrung der eigenen Selbstständigkeit und das Fördern der eigenen Gesundheit sind wichtig für die Lebenszufriedenheit. Dabei können Menschen im hohen Alter auf ihre Erfahrungen und Erlebnisse zurückgreifen. Wurde aus diesen Erfahrungen gelernt, dann führen sie dazu, dass Herausforderungen gelassener gemeistert werden können und sich dies bereichernd auf das Leben auswirkt. Noch vorteilhafter ist es, wenn dabei im hohen Alter soziale und gesellschaftliche Unterstützung vorhanden sind, die Sinn und das Gefühl geben „gebraucht zu werden“ vermitteln. Soziale Einbindung, soziale Teilhabe und gegenseitiger Respekt fördern den Gemeinsinn und die gegenseitige Sorge.

Dass der 80. Geburtstag kein Grund ist leiser zu treten, veranschaulichen beeindruckende Projekte und Initiativen in Niederösterreich. Diese Projekte reichen vom intergenerationellen Austausch, über Kommunikationsangebote wie Tratschbankerln oder Tauschkästen bis hin zu Projekten, die nachbarschaftliches Engagement und die Gesundheit fördern. In unserer Studie haben wir dazu eine Vielfalt an niederösterreichweiten Angeboten gefunden, die uns zu sehr viel Optimismus für die Zukunft des hohen Alters veranlassen. 

Es braucht ein starkes Umdenken

Das auffälligste Ergebnis unserer Studie ist, dass Menschen auch im hohen Alter über viele Potentiale und Ressourcen verfügen, die darauf warten gehoben zu werden. Aber: Wir müssen sie fragen und sprechen lassen. Es braucht ein starkes Umdenken von Angeboten für hochaltrige Menschen zu Angeboten mit hochaltrigen Menschen. Statt einer passiven Rolle in der Gemeinde wünschen sich hochaltrige Personen die Möglichkeit der aktiven Mitgestaltung. Es lohnt sich die Frage zu stellen: Was können hochaltrige Personen aktiv einbringen? Wo liegen ihre Stärken, ihr Wissen, ihre Kompetenzen?

Es geht darum gemeinsame soziale Aktivitäten zu ermöglichen, die der Gemeinschaft einen Mehrwert bringen. Soziale Teilhabe, die über die eigene Familie hinausgeht, schafft neue soziale Kontakte und fördert die eigene Gesundheit. Eine Verknüpfung von aktuellen Herausforderungen mit biographischen Erfahrungen bereichern die Beziehungen zwischen Generationen. 

Veränderung und Aktivität im hohen Alter verlangen – so wie in der Jugend – immer wieder eine neue Wertebereitschaft. Diese beruht auf einer gewissen inneren Beweglichkeit im Verhalten. Diese innere Beweglichkeit ist im Lichte der eigenen Erfahrungen zu sehen und entsteht eher dann, wenn die Bereitschaft besteht, andere als die bisher gelebten Werte im Leben zu realisieren.

Franz Kolland, Universitätsprofessor für Gerontologie an der Karl Landsteiner Universität Krems